➧ Wie sieht der Arbeitgeber den Sachverhalt?
Ein Arbeitnehmer arbeitete in einer Gießerei. Am 2. Juni 2018 hätte er eine zusätzliche Nachtschicht von 21:30 bis 5:30 Uhr leisten müssen. Um 18:31 Uhr betrat er das Werksgelände, um 20:51 Uhr ging er wieder heim. Die Nachtschicht leistete er nicht. Bezahlen ließ er sie sich aber trotzdem. Zeugen für dieses Verhalten gibt es nicht, sehr wohl aber Videoaufnahmen. Sie stammen von einer Videokamera an einem Tor zum Werksgelände.
Ein solches Verhalten wollte sich der Arbeitgeber nicht gefallen lassen. Er kündigte deshalb dem Arbeitnehmer außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Gegen beide Kündigungen klagt der Arbeitnehmer.
➧ Wie sieht der Arbeitnehmer die Situation?
Was bisher geschildert wurde, ist die Situation aus der Sicht des Arbeitgebers. Für den Arbeitnehmer stellt sich alles ganz anders dar. Er behauptet, am 2. Juni 2018 sehr wohl während der Nachtschicht gearbeitet zu haben. Den Inhalt der Videoaufnahmen beurteilt er ganz anders als der Arbeitgeber.
Letztlich kommt es aus der Sicht des Arbeitnehmers auf den Inhalt der Aufnahmen aber gar nicht an. Denn der Arbeitgeber dürfe sich auf diese Aufnahmen von vornherein überhaupt nicht berufen. Als sie ausgewertet wurden, seien sie schon über ein Jahr alt gewesen. Zulässig sei eine Auswertung jedoch lediglich binnen 96 Stunden nach der Aufnahme. In der Vergangenheit habe man im Unternehmen immer diese Frist zugrunde gelegt, wenn es um die Auswertung von Videoaufnahmen ging.