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30. November 2020

Nicht erwünschtes Filmen – so wehren sich Beschäftigte

Nicht erwünschtes Filmen –  so wehren sich Beschäftigte
Bild: iStock.com / JulyProkopiv
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Beschäftigtendatenschutz
So gut wie alle Unternehmen haben Kundenkontakt. Früher oder später trifft die heute übliche Eigenart, alles Mögliche zu filmen und zu posten, daher auch jeden Betrieb und jede Behörde. Bereiten Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen mit den folgenden Hinweisen auf diese Situation vor.

Ein Kollege ist im Außendienst. In seiner Begleitung befindet sich, bedingt durch die Aufgabe, ein uniformierter Beamter des Ordnungsamts der Gemeinde. Nachdem sie ihren Job erfüllt haben, bemerken die beiden auf dem Rückweg zum Fahrzeug, dass eine junge Frau sie von einem Balkon im ersten Stock des angrenzenden Wohngebäudes filmt.

Sie fordern die filmende Person auf, die Tätigkeit sofort zu beenden. Die Frau mit dem Smartphone entgegnet, das sei ihre Privatwohnung und ihr privates Smartphone, sie dürfe filmen, was und wen sie wolle. Und sie dürfe das auch jederzeit auf ihrem privaten Account posten.

Müssen Beschäftigte das hinnehmen?

Diese Situation kommt vielen beschäftigten Personen bekannt vor. Immer wieder taucht daher die Frage auf, ob sie sich dagegen wehren können. Ja, können sie.

Gilt die DSGVO?

Wenn jemand gefilmt wird, und zwar unabhängig davon, ob er damit einverstanden ist oder nicht, ist das eine Verarbeitung personenbezogener oder zumindest personenbeziehbarer Daten.

  • Hier gilt für eine rein private Verarbeitung die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht. Entsteht also ein Film mit dem Smartphone bei einer privaten Feier oder bei einer anderen privaten Gelegenheit, ist das zumindest aus Sicht des Datenschutzes unerheblich (Art. 2 Abs. 2 Buchst. c DSGVO, Stichwort „Haushaltsprivileg“).
  • Das ändert sich allerdings, wenn der Fotograf oder Filmer die Daten öffentlich z.B. auf Facebook postet. Und wenn die abgebildeten Personen in beruflicher Mission unterwegs sind. Hier greift das Haushaltsprivileg nicht, und die DSGVO ist zu beachten.

Was gilt im privaten Bereich?

Bewegen wir uns im privaten Bereich, in dem die DSGVO nicht greift, gilt das Kunsturhebergesetz (KUG) mit seinen §§ 22 bis 24. Dort heißt es in § 22: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“

Zudem können sich gegen ihren Willen gefilmte Personen grundsätzlich über § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wehren: Wer vorsätzlich die Rechte eines anderen verletzt, ist danach verpflichtet, dem anderen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Außerdem besteht nach § 1004 BGB ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. Sie können demzufolge verlangen, die Filme – auch aus dem Internet – zu löschen.

Beschäftigte können sich wehren

Nun stellt sich die Frage, ob sich die während ihrer Arbeitszeit gefilmten Personen privat dort aufgehalten haben. Definitiv nicht. Das haben sie wiederholt zum Ausdruck gebracht. Dann gilt auch für filmende Privatpersonen die DSGVO. Denn damit trifft die Ausnahmeregelung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. c DSGVO nicht mehr zu.

Grundsätze der Datenverarbeitung

Die junge Frau muss in unserem Fall demzufolge mindestens die Grundsätze der Datenverarbeitung nach Art. 5 DSGVO einhalten. Dazu gehört zuallererst die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung. Das ist hier aus Sicht der Filmerin ausschließlich die Einwilligung. Da die beiden gefilmten Personen klar zum Ausdruck bringen, dass sie widersprechen, wäre damit die Rechtmäßigkeit entfallen.

Gegen das Filmen können die beteiligten Personen also vorgehen. Das haben die beiden Protagonisten in unserem konkreten Fall getan, indem sie die Frau ansprechen. Allerdings zeigt sich die Dame uneinsichtig.

Was ist bei direktem Streaming?

Da sich die junge Frau weigert, das Filmen einzustellen, klingeln die beiden gefilmten Personen an der Wohnungstür, die die junge Frau auch öffnet. Sie verlangen, dass die Dame das Video in ihrer Anwesenheit löscht.

Auch jetzt weigert sie sich: Das sei nicht möglich. Sie sei als Influencerin im Internet tätig und habe die Szene live gestreamt. Ob hier möglicherweise eine durch das Presserecht anders zu beurteilende journalistische Tätigkeit vorliegt („Influencerin“), soll nicht untersucht werden. Der Anschein spricht dagegen, weil die Filmende zuerst auf eine private Tätigkeit verwiesen hat.

Löschungsanspruch

Da die DSGVO gilt, haben die beiden Gefilmten Anspruch darauf, dass die junge Frau das Video löscht. Denn nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. d DSGVO müssen Verantwortliche personenbezogene Daten unverzüglich löschen, wenn sie sie unrechtmäßig verarbeitet haben. Außerdem besteht nach dem BGB grundsätzlich ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch.

So viel zur Theorie – doch was tun, wenn sich der oder die Filmende hartnäckig weigert?

Was nach dem Vorfall zu tun ist

Die beiden haben ihren Einsatz beendet. Der Kollege geht zu seinem Vorgesetzten und berichtet über den Vorfall. Dieser konsultiert den Datenschutzbeauftragten. Der schlägt ein Schreiben an die Filmerin vor, z.B. eingeschrieben mit Rückschein, das noch einmal klar zum Ausdruck bringt, dass die Personen gegen ihren Widerspruch gefilmt worden sind.

Recherche schafft eventuell Klarheit

Gleichzeitig beauftragt der Arbeitgeber einen spezialisierter Dienstleister, zu recherchieren, ob zum besagten Zeitpunkt in einem der gängigen sozialen Netzwerke eine Filmaufnahme der beiden im Netz aufgetaucht ist. Damit ist so ziemlich alles getan, was der Arbeitgeber tun kann.

Der Arbeitgeber hat hier übrigens keine Wahlmöglichkeit. Er ist im Rahmen seiner Fürsorgepflicht angehalten, soweit möglich negative Folgen von Handlungen, die jemand während der Arbeitszeit gegen die Rechte der beschäftigten Personen begangen hat, abzuwehren.

Findet sich eine solche Veröffentlichung trotz des eindeutig geäußerten Willens, ihr nicht zuzustimmen, ist es Zeit, einen Anwalt einzuschalten. Er übernimmt es, die Ansprüche durchzusetzen.

So sensibilisieren Sie Beschäf­tigte mit Publikumskontakt

Stellen Sie ausgehend von einem Praxisfall wie dem eingangs dargestellten den Unterschied zwischen dem rein privaten Filmen und dem Filmen einer Tätigkeit in Ausübung der beruflichen Pflichten dar. In einem Fall ist Datenschutzrecht nicht anzuwenden, im anderen schon.

Geplante Veröffentlichung klären

Erklären Sie den Unterschied zwischen reiner Filmaufnahme und dem Filmen für eine geplante Veröffentlichung. Zeigen Sie auf, wie die beschäftigten Personen reagieren können, wenn sie feststellen, dass ein direktes Streamen erfolgt.

Bei der Wortwahl gilt es, eine Eskalation zu vermeiden, v.a. wenn tatsächlich direkt übertragen wird. Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass dieser Vorgang allzu viele Zuschauer haben wird. Dennoch ist das eine weitere Eskalationsstufe der Verletzung der Rechte der betroffenen Personen. Die Empfehlung ist also: Soweit möglich deeskalierend wirken.

Zeugen können hilfreich sein

Wichtig ist auch, soweit als möglich Zeugen zu haben und sich gegebenenfalls ihre Personalien geben zu lassen.

Nicht unerlaubt „zurückfilmen“!

Meist stellt sich auch irgendwann die umgekehrte Frage. Dürfen die beschäftigten Personen „zurückschießen“? Dürfen sie also im Gegenzug ihr Smartphone zücken und das unerlaubte Filmen selbst dokumentieren? Vor allem dann, wenn sie keinen Zeugen dabeihaben?

So verständlich eine solche Handlung auch sein mag – sie lässt sich nicht legal rechtfertigen. Denn wenn das unerwünschte Filmen für die andere Person untersagt ist, so gilt das ebenfalls für denjenigen, der sich gegen das unerwünschte Filmen wehrt. Es ist nicht Aufgabe der unerlaubt gefilmten Personen, zur Selbstjustiz zu greifen und selbst unerlaubte Handlungen zu begehen. Weisen Sie darauf in Ihrer Schulung deutlich hin.

Merkblatt mitgeben

Es ist sinnvoll, ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen zusammenzustellen und den sensibilisierten Kolleginnen und Kollegen mitzugeben. Datenschutz-PRAXIS-Abonnenten finden hier ein Muster.

Unterweisen Sie im Übrigen auch Personen, die nur vorübergehend für das Unternehmen tätig sind. Ein Beispiel sind Mitarbeiter bei den Stadtwerken, die beim Ablesen der Zähler aushilfsweise beteiligt sind. Denn auch ihnen kann es passieren, dass jemand sie ungewollt filmt.

PRAXIS-TIPP: Sie können eine solche Situation auch einmal durchspielen und im Rahmen der Schulung simulieren. Wie sollten die beschäftigten Personen reagieren? Wie könnte sich die filmende Person rechtfertigen? Wie sollten die Kolleginnen und Kollegen weiter vorgehen?

Eberhard Häcker

Eberhard Häcker
Verfasst von
Eberhard Häcker
Eberhard Häcker
Eberhard Häcker ist seit vielen Jahren als externer Datenschutz­beauftragter tätig. Seit 2005 ist Eberhard Häcker selbstständig mit Schwerpunkt Datenschutzberatung.
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