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27. Juli 2022

Datenschutzfreundliche Apps: Alternativen zu heimlichen Datenzugriffen

Privacy Friendly Apps: Beispiele
Bild: https://secuso.aifb.kit.edu/105.php
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Inhalte in diesem Beitrag
Datenschutz und Funktionalität sind kein Widerspruch
Gerade bei mobilen Apps gehen Nutzerinnen und Nutzer auf einen scheinbaren Kompromiss ein: Sie verwenden eine App, deren Datenschutz mindestens fraglich ist, die aber über viel Funktionalität und Komfort verfügt. Doch mit Privacy Friendly Apps muss niemand auf Datenschutz verzichten, der eine gute App haben will.

Ermuntern Sie als Datenschutzbeauftragte oder Datenschutzbeauftragter ihre Kollegen dazu, lieber auf bestimmte Apps zu verzichten, hören Sie sicher schnell, es gebe doch keine Alternative. In vielen Bereichen stimmt das so aber mittlerweile nicht mehr.

Auszeichnung für Privacy Friendly Apps

Es gibt durchaus Apps, die sowohl Datenschutz als auch Funktionalität bieten können. Das zeigt das Projekt „Privacy Friendly Apps“ der Forschungsgruppe SECUSO (Security – Usability – Society) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) (https://secuso.aifb.kit.edu/105.php; auf dieser Seite finden Sie auch die bisher entwickelten datenschutzfreundlichen Apps). Die Privacy Friendly Apps haben sogar den Digital Autonomy Award gewonnen.

33 kostenlose Open-Source-Apps

Das Projekt „Privacy Friendly Apps“ hat 33 kostenfreie Open-Source-Apps aus den Bereichen Fitness & Gesundheit, Tools, Spiele und Sicherheit entwickelt, etwa

  • einen Schrittzähler,
  • eine App für den Wetterbericht oder
  • einen Passwortgenerator.

Die Privacy Friendly Apps fordern lediglich die Berechtigungen an, die für die Funktionalität notwendig sind. Sie enthalten keine Tracking-Mechanismen und verzichten auf Werbung. Jegliche Daten werden nur auf den Geräten der Nutzenden gespeichert.

Weiter heißt es auf der Webseite der Forschungsgruppe SECUSO: „Nur wenn eine Übertragung klar-definierter Daten an Drittanbietende für die Funktionalität erforderlich ist, werden diese übertragen (z.B. Suchanfragen bei der Wetter App, um aktuelle Wetterdaten zu beziehen). SECUSO hat keinen Zugriff auf die Daten der Nutzer·innen. Zudem werden je nach App zusätzliche Privatsphäre-schützende Maßnahmen implementiert, wie z.B. das Blockieren von Screenshots/-Recordings bei sensitiven Daten oder die Verschlüsselung von Datenbanken. Darüber hinaus ist der Quellcode jeder PFA (=Privacy Friendly App) auf der Plattform GitHub öffentlich einsehbar, wodurch nachvollzogen werden kann, dass die Apps die oben beschriebenen Eigenschaften einhalten. Der Quellcode steht unter der GPLv3 Lizenz.“

Datenschutzfreundliche App-Alternativen

Die Apps sind somit privatsphärenfreundliche Alternativen zu datenhungrigen Apps, die Zugriff auf sensible Daten einfordern, so die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI). Die datenschutzfreundlichen Anwendungen geben den Nutzenden die Hoheit über ihre eigenen Daten zurück und schaffen ein Bewusstsein für individuelle digitale Souveränität.

Felix Reda, Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Jurymitglied des Digital Autonomy Awards, erklärt dazu: „Die Anwendbarkeit der vorhandenen Apps ist sehr relevant: Menschen suchen prinzipiell nach schnellen und einfachen Lösungen. Hier bietet Privacy Friendly Apps eine gute Auswahl, da die angebotenen Apps sehr praxisnah sind. So gibt es beispielsweise eine Wetter-App, eine Maßband-App oder eine Taschenlampe-App“.

Zudem wird Dr. Stefan Brink, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, so zitiert: „Als Datenschützer begrüße ich sehr, dass die Forschungsgruppe SECUSO Apps entwickelt hat, die nicht nur Open Source angeboten werden, sondern vor allem Daten lokal speichern und die Nutzer nicht überwachen.“

Praxis-Tipp
In der Datenschutz-Schulung vorstellen!

Offensichtlich lohnt es sich, die Apps einmal in der nächsten Datenschutzschulung näher vorzustellen. Sie sind ein Beleg, dass Datenschutz und umfangreiche Funktionalität kein Widerspruch sein müssen.

Der Hintergrund: Apps sind ein Riesengeschäft

Spiele, Lernprogramme, Büroanwendungen: Im Jahr 2021 gaben die Deutschen so viel Geld für Smartphone-Apps aus wie noch nie. Insgesamt 2,9 Milliarden Euro Umsatz generierten die Anbieter letztes Jahr mit Smartphone-Programmen, so der Digitalverband Bitkom.

Doch wieso eigentlich steigt der Umsatz mit Apps? Die meisten sind doch kostenlos, so denkt man da schnell. Das stimmt auch, denn viele Apps finanzieren sich weiterhin über Werbung und damit über die Verwendung von Daten, auch von personenbezogenen Daten. Lediglich jeder zehnte Euro entsteht durch den Kauf eines grundsätzlich kostenpflichtigen Handy-Programms, so Bitkom.

„Eigentlich“ sind Smartphone-Nutzern ihre Daten wichtig

Der Gedanke, ihr Smartphone in andere Hände zu geben, ist für viele Nutzerinnen und Nutzer unangenehm, so Bitkom:

  • Jede und jeder Vierte (26 Prozent) würde niemandem Zugriff auf das private Smartphone gewähren.
  • Vier von zehn (38 Prozent) würden den eigenen Kindern Zugriff gewähren.
  • 36 Prozent der (Ehe-)Partnerin beziehungsweise dem (Ehe-)‌Partner.
  • Freundinnen und Freunden würden drei von zehn (29 Prozent) Zugriff gewähren, den eigenen Eltern dagegen nur jede und jeder Sechste (17 Prozent).
  • 9 Prozent würden das Smartphone Arbeitskolleginnen und -kollegen anvertrauen.

Gleichzeitig luden die Deutschen im Jahr 2021 enorme 3,3 Milliarden Apps herunter. Das ist ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Apps haben aber Zugriff auf bestimmte Daten, die sich auf den Smartphones befinden.

Warum dürfen Apps also etwas, was jemand seinem Ehepartner nicht erlaubt würde? Ganz einfach: Die Nutzerinnen und Nutzer gehen einen scheinbaren Kompromiss ein.

Datenschutz ist wichtig, Funktionalität wichtiger

Eigentlich ist die Verunsicherung der Nutzerinnen und Nutzer groß, was Datenschutz und Datensicherheit angeht. Das ergab eine Studie des Bitkom 2021: 77 Prozent halten ihre Daten im Internet für unsicher. Im Vergleich zum Vorjahr (68 Prozent) ist dieser Wert deutlich gestiegen. Nur noch ein Fünftel (20 Prozent) hält seine Daten im Netz für sicher. Besonders hoch ist die Angst vor Datenmissbrauch (79 Prozent). Im Jahr 2019 fühlten sich hiervon erst 70 Prozent bedroht.

Betrachtet man die Situation bei Apps, muss man feststellen: Selbst bei solchen Applikationen, die im Verdacht stehen, Daten ohne informierte Einwilligung auszuwerten, greifen viele Anwenderinnen und Anwender zu und installieren sie.

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Apps einen hohen Komfort bieten, eine umfangreiche Funktionalität besitzen und deshalb eine große Verbreitung erreicht haben.

Beispiel: Taschenlampen-App will Standortdaten

Es gibt eine große Fülle an Beispielen, die zeigen, dass beliebte Apps nicht nur die Daten nutzen, die sie für den Zweck der Applikation benötigen. Ein deutliches Beispiel ist eine App, die das Smartphone zur Taschenlampe machen kann, dabei aber auf die Standortdaten des Nutzers oder der Nutzerin zugreifen will.

Abgesehen davon, dass sich viele Smartphones bereits über das Betriebssystem zur Taschenlampe machen lassen: Es gibt mit den Privacy Friendly Apps nun eine weitere Taschenlampen-App, die nicht heimlich spioniert.

Oliver Schonschek

Oliver Schonschek
Verfasst von
Oliver Schonschek
Oliver Schonschek
Oliver Schonschek ist freiberuflicher News Analyst, Journalist und Kommentator, der sich auf Sicherheit, Datenschutz und Compliance spezialisiert hat. Er schreibt für führende Medien, ist Herausgeber und Autor mehrerer Lehrbücher.
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