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24. Januar 2023

Hinweisgeberschutzgesetz: Mehr Schutz für Whistleblower

Wie können Whistleblower besser vor beruflichen Repressalien geschützt werden? Das regelt nun ein neues Gesetz!
Bild: Cristian Storto Fotografia / iStock / Getty Images Plus
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Whistleblower
Hinweisgebende aus Behörden und Unternehmen sollten in Zukunft besser vor beruflichen Repressalien geschützt werden. Das war das Ziel des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG). Allerdings hat der Bundesrat den Entwurf abgelehnt. Nun klagt die EU-Kommission.
Update vom 20.02.2023: Nachdem der Bundesrat den Gesetzentwurf abgelehnt hat, hat nun die EU-Kommission Deutschland (und sieben weitere EU-Mitglieder) vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt.

In ihrer Pressemitteilung vom 15.02.2023 meldet die Kommission: „Heute hat die Europäische Kommission beschlossen, Tschechien, Deutschland, Estland, Spanien, Italien, Luxemburg, Ungarn und Polen vor dem Gerichtshof zu verklagen, weil die Länder die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Richtlinie (EU) 2019/1937), nicht vollständig umgesetzt und die Umsetzungsmaßnahmen nicht mitgeteilt haben.“

Bei der Umsetzung gefordert gewesen wären alle Arbeitgeber mit mehr als 50 Beschäftigten, denn sie müssen Meldestellen und Hinweisgebersysteme etablieren.

Mehr Schutz für Hinweisgeber

„Die Bundesregierung will Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber (Whistleblower) im beruflichen Umfeld künftig umfassender schützen“, heißt es auf der Webseite des Deutschen Bundestags über den Gesetzentwurf der Bundesregierung. „Zudem sollen Whistleblower vor beruflichen Repressalien geschützt werden.“

Breite Mehrheit stimmte für das Gesetz

Für den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zum „besseren Schutz hinweisgebender Personen“ im beruflichen Umfeld stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Dagegen votierten die Abgeordneten von CDU/CSU und AfD, die Linksfraktion enthielt sich der Abstimmung.

Meldungen zu Betrügereien, Korruption und mangelnder Verfassungstreue

Inkrafttreten sollte das neue Hinweisgeberschutzgesetz eigentlich im zweiten Quartal dieses Jahres und „Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen“ regeln.

„Auch Hinweise auf mangelnde Verfassungstreue von Beschäftigten im öffentlichen Dienst könnten dadurch künftig leichter die richtige Adresse erreichen – auch wenn es im konkreten Fall nicht um Straftaten geht“, berichtet die Tagesschau.

Praxis-Tipp
Was Arbeitgeber jetzt tun müssen

Alle Unternehmen und Behörden mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen in diesem Jahr eine interne Meldestelle einrichten.

Die Einführungspflicht dafür ist gestaffelt und sieht folgendes vor:

  • Sofort nach dem Inkrafttreten des Gesetzes müssen Arbeitgeber mit mehr als 250 Beschäftigten – und Unternehmen aus dem Finanzsektor unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten – eine interne Meldestelle implementieren.
  • Bis 17. Dezember 2023 müssen auch alle privaten Arbeitgeber, die zwischen 50 und 249 Mitarbeiter beschäftigen, ein Hinweisgeberschutzsystem etablieren. Sie können dafür auch mit anderen Firmen kooperieren und eine gemeinsame Meldestelle betreiben.

Interne und externe Meldestellen

„Die hinweisgebende Person soll (…) wählen können, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wendet“, erklärt die Webseite des Deutschen Bundestags.

Für die internen Meldestellen sind die Unternehmen zuständig – und eine externe Meldestelle soll es laut Tagesschau beim Bundesamt für Justiz geben, zusätzlich zu „den bereits gegebenen Möglichkeiten bei der Finanzaufsicht BaFin und beim Bundeskartellamt“.

Anonyme Meldungen möglich

Bei jeder Meldestelle muss es laut dem neuen Gesetz immer auch möglich sein, einen Hinweis anonym zu platzieren.

Unterstützung dafür kommt von der Organisation Transparency International Deutschland. Ihr Sprecher Sebastian Oelrich sagte der Süddeutschen Zeitung: „Fast jeder große Skandal wurde von zunächst anonymen Hinweisgebenden gemeldet.“

Praxis-Tipp
Wo Datenschutzverantwortliche gefordert sind

Natürlich müssen die neuen internen Meldestellen sich streng an datenschutzrechtliche Vorgaben halten, denn sie nehmen die Meldungen entgegen, verarbeiten personenbezogene Daten und dokumentieren die Hinweise

Die Datenschutzverantwortlichen der Unternehmen und Behörden sind deshalb während des gesamten Prozesses gefordert und müssen zum Beispiel

  • vor der Einführung des Verfahrens eine Datenschutzfolgenabschätzung durchführen,
  • bei der Einrichtung einer internen Meldestelle die neue Funktion in das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten aufnehmen und der hinweisgebenden Person Datenschutzhinweise zur Verfügung stellen
  • drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens alle Daten löschen.

Neuregelung längst überfällig

Ganz egal ob die Hinweise bei einer internen oder externen Meldestelle, anonym oder offen erfolgen, ob es um Verstöße gegen den Tierschutz, die Lebensmittelsicherheit oder um Korruption geht:

Alle Neuregelung durch das Hinweisgeberschutzgesetz sind seit einem Jahr überfällig. Bereits im Dezember 2021 hätte die Bundesregierung die Hinweisgeberschutz-Richtlinie der Europäischen Union umsetzen müssen.

Weil sie das nicht tat, läuft gegen Deutschland – wie auch gegen zahlreiche andere EU-Länder – ein von der EU-Kommission angestrengtes Vertragsverletzungsverfahren.

Mehr Informationen:

Elke Zapf

Elke Zapf
Verfasst von
Elke Zapf
Elke Zapf
ist freiberufliche Kommunikationsexpertin und Journalistin. Ihre Schwerpunkte sind Wissenschaft, Forschung, nachhaltiger Tourismus und Datenschutz.
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