Informationelles Selbstbestimmungsrecht: Was ist das?

Woher stammt das informationelle Selbstbestimmungsrecht?
Das informationelle Selbstbestimmungsrecht bezeichnet das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
Dieses Recht hat in Deutschland das Bundesverfassungsgericht 1983 im Volkszählungsurteil als Grundrecht anerkannt, das sich aus den Artikeln 1 und 2 Grundgesetz (GG) ergibt:
„Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel l Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“ (BVerfGE 65, 1, Urteil vom 15. Dezember 1983)
Anlass für dieses Urteil war die Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung.
Das Bundesverfassungsgericht leitet in seiner Entscheidung die informationelle Selbstbestimmung vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Menschenwürde ab. Als „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ bekommt der Schutz personenbezogener Daten die Qualität eines Grundrechts.
Grenzen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
Das Selbstbestimmungsrecht hat aber auch seine Grenzen. Das Bundesverfassungsgericht beschreibt sie so:
„Einschränkungen dieses Rechts auf ‚informationelle Selbstbestimmung‘ sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.“
Eingriffe in dieses Grundrecht sind also nur bei überwiegendem Allgemeininteresse zulässig. Es ist eine gesetzliche Grundlage dafür erforderlich, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.
Beispiel: Maßnahmen von Sicherheitsbehörden
Der rheinland-pfälzische Landesdatenschutzbeauftragte Prof. Dr. Dieter Kugelmann (https://www.datenschutz.rlp.de/) zum Beispiel betonte, dass der Ausgangspunkt in jeder Diskussion um Freiheit und Sicherheit zunächst die Freiheit sein müsse, Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit hingegen seien immer legitimierungsbedürftig. Die in Deutschland diskutierte Überwachungsgesamtrechnung sei ein sinnvolles Werkzeug, um den Umfang der von den Sicherheitsbehörden ausgeübten Maßnahmen abschätzen und damit demokratisch kontrollieren zu können. Der Landesdatenschutzbeauftragte mahnte: „Die Balance von Freiheit und Sicherheit in Deutschland funktioniert nur auf Basis einer gut gelebten Sicherheitskultur in der freiheitlichen Demokratie. Nicht jedes technische Mittel, das verfügbar wäre, darf reflexartig für die Polizeiarbeit gefordert und genutzt werden.“
Stete Abwägung zwischen Schutz der Allgemeinheit und des Einzelnen
Um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sicherzustellen, bedarf es ständiger Sensibilität und einer ständigen Abwägung zwischen den Schutzbelangen der Allgemeinheit und des Einzelnen, so zum Beispiel das Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen.
Was gilt im Beschäftigungsverhältnis?
Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Beschäftigungsverhältnis zählt zu den besonderen Verarbeitungssituationen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geht in Artikel 88 darauf ein.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschäftigten muss dabei in Einklang gebracht werden mit anderen Grundrechten, dem Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1und 2 GG), mit der unternehmerischen Freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Vertragsfreiheit des Arbeitgebers (Art. 2 Abs. 1 GG).
Die Datenschutzkonferenz (DSK) ist der Auffassung, dass weitergehende Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz notwendig und damit ein eigenes Beschäftigtendatenschutzgesetz überfällig sind.
Als möglichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Beschäftigungsverhältnis nennen die Aufsichtsbehörden zum Beispiel die Videoüberwachung am Arbeitsplatz.
Verantwortliche müssen ihren Einsatz in einer Datenschutz-Folgenabschätzung vorab genau prüfen.