IP-Adressen: DSGVO & Urteile sorgen für Klarheit
Die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz haben seit Langem bekräftigt, dass dynamische IP-Adressen, genauso wie statische IP-Adressen einen Personenbezug besitzen. Sie fallen deshalb unter den Datenschutz.
Entsprechend groß war die Zustimmung der Datenschützer zu den Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 – VI ZR 135/13) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Entscheidung vom 19. Oktober 2016, C-582/14).
Erwägungsgrund 30 zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) liefert die Begründung, warum der Schutz von IP-Adressen so wichtig ist:
„Natürlichen Personen werden unter Umständen Online-Kennungen wie IP-Adressen und Cookie-Kennungen, die sein Gerät oder Software-Anwendungen und -Tools oder Protokolle liefern, … zugeordnet. Dies kann Spuren hinterlassen, die insbesondere in Kombination mit eindeutigen Kennungen und anderen beim Server eingehenden Informationen dazu benutzt werden können, um Profile der natürlichen Personen zu erstellen und sie zu identifizieren.“
Wann dürfen IP-Adressen gespeichert werden?
Der EuGH hatte am 20. September 2022 über die Speicherung von IP-Adressen entschieden und eine allgemeine sowie unterschiedslose Verkehrsdatenspeicherung für grundsätzlich unzulässig erklärt. Gleichzeitig hatte der EuGH Möglichkeiten aufgezeigt, um schwerste Kriminalität wie Kindesmisshandlungen und Kinderpornografie mit der Speicherung von Verkehrsdaten zu bekämpfen.
In einem weiteren Urteil, ergangen am 30. April 2024 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/FR/TXT/?uri=CELEX:62021CJ0470), hat der EuGH dann jedoch die anlasslose IP-Adressenspeicherung zu bestimmten Zwecken erlaubt. Konkret ging es um die Speicherung und den Zugang zu Daten zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen.
Die jüngste Entscheidung des EuGH erlaubt demnach die von Ermittlungsbehörden geforderte Speicherung von IP-Adressen und ihre Nutzung zur Kriminalitätsbekämpfung, unabhängig von der Schwere des Delikts. Es sind jedoch Speichermodalitäten zu beachten, die eine wirksame strikte Trennung der verschiedenen Kategorien personenbezogener Daten gewährleisten (https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2024-04/cp240075de.pdf).
Was dürfen Unternehmen mit IP-Adressen tun, was nicht?
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Webseiten-Anbieter und andere Online-Dienste IP-Adressen unter bestimmten Bedingungen speichern dürfen.Voraussetzung: Die Speicherung der Daten ist erforderlich, um die Funktionsfähigkeit von Online-Diensten aufrecht zu erhalten.
Der Begriff „erforderlich“ ist allerdings nicht leicht zu fassen. Es reicht nämlich nicht, einfach zu behaupten, etwas sei erforderlich.
Lesen Sie dazu DSGVO: Was heißt eigentlich genau „erforderlich“?
Es gibt aber eine Reihe von anderen Verarbeitungen von IP-Adressen, die das BGH-Urteil nicht legitimiert. Hier müssen Unternehmen genau überprüfen, wie ihre Speicherpraxis aussieht.
Vorsicht bei Web-Analysen und Werbung
Sind die Voraussetzungen, die der BGH nennt, nicht erfüllt, gilt: Da bei IP-Adressen ein Personenbezug besteht, sind sie nicht zu den Pseudonymen zu rechnen.
Unternehmen müssen also Vorsicht walten lassen bei Web-Analysen und Werbung. Alle Webseiten-Betreiber in Deutschland, die Online-Werbung und Webanalysen nutzen, sollten die Speicherung von IP-Adressen überprüfen.
Dabei ist es unerheblich, ob sie die Analyse selbst durchführen oder Dritte sie übernehmen. Denn bei einer extern durchgeführten Webanalyse handelt es sich um eine (hoffentlich vertraglich geregelte) Auftragsverarbeitung.
Worauf müssen Sie bei Analysen Ihrer Webseite achten?
- Die betroffenen Personen müssen eine Möglichkeit haben, der Erstellung von Nutzungsprofilen zu widersprechen.
- Der Verantwortliche muss Prozesse haben, um die Widersprüche wirksam umzusetzen.
- Er muss die betroffene Person auf die Widerspruchsmöglichkeit deutlich hinweisen (in der Datenschutzerklärung auf der Website).
- Er muss die pseudonymisierten Nutzungsdaten strikt von den Trägern der Pseudonymen trennen.
- Er muss die Nutzungsprofile nach Zweckerfüllung oder auf Verlangen des Nutzers löschen.
- Er muss sicherstellen, dass er IP-Adressen und ihre Geolokalisierung nur bei bewusster, eindeutiger Einwilligung durch die betroffene Person nutzt.
- Andernfalls muss der Verantwortliche die IP-Adresse so kürzen, dass kein Personenbezug mehr möglich ist.
- Außerdem muss er Nutzungsprofile, die im Rahmen einer Auftragsverarbeitung erstellt werden, ebenfalls diesen Maßgaben unterwerfen und die Einhaltung als Auftraggeber überprüfen.
Was ist mit Google Analytics?
Die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz haben schon vor Längerem Hinweise zum Einsatz von Google Analytics im nicht-öffentlichen Bereich veröffentlicht. Dort finden sich auch die Anforderungen an die Kürzung von IP-Adressen.
Dazu ist auf jeder Internetseite, auf der Google Analytics eingebunden ist, der Trackingcode um die Funktion „_anonymizeIp()“ zu ergänzen. Weitere Details finden sich in der technischen Anleitung von Google, abrufbar unter https://developers.google.com/analytics/devguides/collection/gtagjs/ip-anonymization