Weniger Bürokratie, schnellere Diagnosen, sicherer Informationsaustausch – die Digitalisierung im Gesundheitswesen eröffnet neue Möglichkeiten für eine effizientere Patientenversorgung. Ein Kernelement hiervon ist die elektronische Patientenakte.
Was steckt hinter der elektronischen Patientenakte?
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist eine digitale Sammelmappe, die unter Berücksichtigung des Datenschutzes als zentraler Ablageort für medizinische Informationen wie Arztbriefe, Befunde oder Medikationspläne fungiert und deren einfachen Austausch zwischen verschiedenen Akteuren des Gesundheitssystems – darunter Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen – ermöglicht. Die verbesserte Verfügbarkeit entsprechender Daten soll die Gesundheitsversorgung optimieren. Zum einen, indem Doppeluntersuchungen vermieden und eine ganzheitliche Betrachtung der Patientenhistorie erleichtert werden. Zum anderen, indem sie Gesundheitsdaten in pseudonymisierter Form für Forschungszwecken nutzbar macht.
Rollout der elektronischen Patientenakte
Erste Weichen für die ePA wurden bereits 2003 mit dem „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG)“ gestellt. Die konkrete Ausgestaltung ließ jedoch lange auf sich warten. Erst mit dem am 29. Dezember 2015 in Kraft getretenen „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ (E-Health-Gesetz) wurde die Gesellschaft für Telematik damit beauftragt, „bis zum 31. Dezember 2018 die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Daten über den Patienten in einer elektronischen Patientenakte (…) bereitgestellt werden können“.
Dennoch dauerte es noch bis 1. Januar 2021, ehe Krankenkassen ihren Versicherten verpflichtend eine ePA bereitstellen mussten – sofern diese dies wünschten (Opt-in-Verfahren). Ab diesem Zeitpunkt hatten Versicherte zudem den Anspruch, dass Ärztinnen und Ärzte die digitale Akte befüllen.
Im Jahr 2023 brachte das Bundesgesundheitsministerium schließlich ein weiteres Gesetzesvorhaben auf den Weg: das Digital-Gesetz (DigiG). Eine zentrale Neuerung dieses Gesetzes ist die Einführung eines Opt-Out-Verfahrens für die elektronische Patientenakte. Das bedeutet, dass ab 2025 allen gesetzlich Versicherten automatisch eine ePA bereitgestellt wird – es sei denn, sie widersprechen ausdrücklich.
Bereits am 15. Januar 2025 startete der Rollout der ePA – zunächst in den Testregionen Hamburg, Franken und in Teilen von Nordrhein-Westfalen. In rund 300 Gesundheitseinrichtungen werden hier die elektronische Patientenakte sowie die damit verbundenen Abläufe in den Praxen erprobt. Gleichzeitig soll durch zusätzliche Schutzmaßnahmen der Schutz der sensiblen Patientendaten verbessert werden. Wann die ePA schließlich flächendeckend verfügbar sein wird, ist daher noch nicht abschließend geklärt. Das BMG erklärte zunächst, dass der bundesweite Rollout für den 15. Februar geplant sei. Inzwischen wird jedoch frühestens Anfang des zweiten Quartals 2025 als möglicher Starttermin genannt.
Welche technischen Voraussetzungen sind für die ePA notwendig?
Die vertragsärztlichen Leistungserbringer müssen nach § 341 Abs. 6 SGB V bereits seit 30. Juni 2021, die ePA nutzen und befüllen können, ansonsten „ist die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen pauschal um 1 Prozent zu kürzen (…) bis der Nachweis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung erbracht ist“. „Die Krankenhäuser haben sich bis zum 1. Januar 2021 mit den für den Zugriff auf die elektronische Patientenakte erforderlichen Komponenten und Diensten auszustatten und sich an die Telematikinfrastruktur nach § 306 anzuschließen.“ (§ 342 (7)). Dafür notwendig sind:
- Konnektor / TI-Gateway / TI-as-a-Service: Stellen jeweils die Verbindung zur Telematikinfrastruktur (TI) her.
- Security Module Card Typ B (SMC-B): Eine Chipkarte für Praxen, Apotheken oder Krankenhäuser, die den Zugang zur TI ermöglicht und die Institution als berechtigt identifiziert.
- E-Health-Kartenterminal: Dient zum Einlesen der SMC-B und des elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) und ist für die elektronische Signatur sowie den Zugriff auf die ePA erforderlich.
- Praxisverwaltungssoftware (PVS) bzw. Krankenhausinformationssystem (KIS): Ermöglicht das Suchen, Lesen und Herunterladen von Dokumenten.
Gemäß § 341 Abs. 3 SGB V müssen die für die ePA erforderlichen Komponenten und Dienste „auf Antrag des jeweiligen Anbieters (…) von der Gesellschaft für Telematik“ zugelassen werden. Zudem dürfen nach § 341 Abs. 5 SGB V ausschließlich elektronische Patientenakten genutzt werden, die nach § 325 zugelassen sind und von einer Krankenkasse, einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung oder einer sonstigen Einrichtung gemäß § 362 Abs. 1 angeboten werden. Eine Liste der zugelassenen elektronischen Patientenakten ist hier einsehbar: gematik Fachportal
Welche Daten werden in der ePA gespeichert?
Die elektronische Patientenakte soll nach Paragraf 341 (1) SGB V „Informationen, insbesondere zu Befunden, Diagnosen, durchgeführten und geplanten Therapiemaßnahmen sowie zu Behandlungsberichten, für eine einrichtungs-, fach- und sektorenübergreifende Nutzung für Zwecke der Gesundheitsversorgung, insbesondere zur gezielten Unterstützung von Anamnese, Befunderhebung und Behandlung, barrierefrei elektronisch“ bereitstellen. Sie enthält dafür unter anderem:
- Arztbriefe
- Ergebnisse von Laboruntersuchungen
- Ergebnisse von bildgebender Diagnostik, zum Beispiel Röntgenbilder
- Krankenhaus-Entlassbriefe
- Operationsberichte
- Ergebnisse von genetischen Untersuchungen (Voraussetzung: die Patientin oder der Patient haben dem in schriftlicher oder elektronischer Form zugestimmt)
- Auf Wunsch: Diagnosen, Behandlungsberichte oder elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU), Gesundheitsdaten aus digitalen Gesundheitsanwendungen
Allerdings stehen nicht alle Funktionen der elektronischen Patientenakte sofort zur Verfügung. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) können derzeit Medikationslisten, die sich automatisch anhand von E-Rezepten befüllen, sowie Arzt- und Befundberichte in der ePA hinterlegt werden.
Am 10. Februar gab das BMG allerdings bekannt, dass der digitale Medikationsprozess (dgMP) mit dem elektronischen Medikationsplan (eMP) erst im März 2026 und nicht wie ursprünglich geplant schon im Juli 2025 eingeführt wird. Welche Auswirkungen diese Verschiebung auf die geplante Integration von Laborbefunden hat, die Anfang 2026 erfolgen sollte, blieb unklar.