Eine Kundin stellte nach ihrem Friseurbesuch fest, dass ihr Friseur auf seiner Facebook-Fanpage ein Video und Fotos von ihr veröffentlicht hatte. Die Aufnahmen zeigten sie im Salon und wie sie ihre Haarverlängerung erhielt. Ein ihr unbekannter Mann hatte sie dort fotografiert. Von den Videoaufnahmen hatte sie nichts mitbekommen.
➧ Was tun, wenn man ungewollt gefilmt wird?
Nachdem die Kundin persönlich verlangt hatte, Bilder und Video von der Facebook-Seite zu nehmen, entfernte der Friseur die Fotos aus dem Netz. Das Video aber blieb online. Daraufhin beauftragte die Frau einen Rechtsanwalt, der den Friseur schriftlich aufforderte, das Video zu löschen. Doch nichts passierte.
Die Kundin beantragte sodann über ihren Rechtsanwalt eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht durch einen Beschluss vom 27.7.2018 erließ. Darin wurde dem Friseur untersagt, Fotos oder Videos der Frau im Internet oder sonst wo öffentlich zur Schau zu stellen. Gegen diesen Beschluss legte der Friseur Widerspruch ein. Die Angelegenheit landete vor Gericht.
➧ Wurde eine Einwilligung eingeholt?
Eine schriftliche Einwilligung der Frau lag nicht vor. Doch der Friseur erklärte, dass die Kundin ihre Einwilligung mündlich erteilt habe, zumindest eine stillschweigend erteilte Einwilligung. Denn in seinem Salon fänden regelmäßig Video- und Bildaufnahmen statt, um die Kreationen und Arbeitsergebnisse des Friseursalons an den Haarmodellen festzuhalten. Diese Videos und Bilder würden dann auf Facebook veröffentlicht. An solchen Tagen seien nur Haarmodelle anwesend, keine weiteren Kunden. Das habe die Kundin gewusst und trotzdem habe sie darauf bestanden, an einem Dokumentationstag ihre Haarverlängerung zu erhalten, womit sie in die Aufnahmen eingewilligt habe.
➧ Das entschied das Gericht über die Aufnahmen
Das überzeugte das Landgericht Frankfurt nicht. In seinem Urteil vom 13. September 2018 bestätigte es die bereits erlassene einstweilige Verfügung und untersagte dem Friseur auch künftig, Fotos und Videos der Frau zu verbreiten. Die Begründung des Gerichts: Die Frau hat einen Anspruch auf Unterlassung, unabhängig davon, ob man die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oder das Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) mit dem Recht am eigenen Bild anwendet.
„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden“, heißt es in 22 Abs. 1 KUG. Wird dagegen verstoßen, besteht ein Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB). Und Art. 6 DSGVO erlaubt die Verarbeitung personenbezogener Daten und damit von Videos und Bildern nur, wenn die vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Sind diese nicht gegeben, besteht gleichfalls ein Unterlassungsanspruch, der sich aus Art. 79 DSGVO (Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf) ergibt.
➧ So finden DSGVO und KUG Anwendung
Damit war es sowohl nach der DSGVO als auch nach dem KUG unzulässig, dass der Friseur Video und Bilder der Kundin veröffentlichte. Die Anwendungsbereiche von DSGVO und KUG sind folgende: Das Video ist ein „Bildnis“ der Frau im Sinn von § 22 KUG. Als Bildnis ist jede Abbildung einer natürlichen Person anzusehen, die das individuelle Aussehen dieser Person wiedergibt. Da die Frau in dem Video identifizierbar ist, handelt es sich bei dem Inhalt des Videos ebenso um personenbezogene Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
Als der Friseur das Video veröffentlichte, war dies nicht eine „ausschließlich persönliche“ Tätigkeit (Art. 2. Abs. 2 Buchst. c DSGVO), weil die Veröffentlichung in einem gewerblichen Zusammenhang stattfand und über das Internet für jedermann frei zugänglich war. Nach Maßstäben des KUG handelt es sich bei der Veröffentlichung des Videos um eine Verbreitung, nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO um eine Verarbeitung personenbezogener Daten.
➧ Kein Nachweis einer Einwilligung
Nicht nachweisen konnte der Friseur eine Einwilligung, die den Anforderungen von § 22 KUG genügt. Hierfür hatte er weder Zeugen noch Beweismittel und vor Gericht erschien er auch nicht persönlich.
Sein Bericht war überdies in sich widersprüchlich. Denn er erklärte, die Klägerin hätte ausdrücklich eingewilligt und genauso, dass sie eine stillschweigende (konkludente) Einwilligung gegeben hätte. Womit der Nachweis fehlte, dass eine Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 DSGVO vorhanden ist.
➧ Keine gesetzliche Rechtsgrundlage
Zudem war die Veröffentlichung durch keine gesetzliche Regelung gerechtfertigt. So erlaubt § 23 KUG für bestimmte Situationen eine Veröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten. Außer die Veröffentlichung verletzt dessen berechtigte Interessen – was im Frisörsalon der Fall war, da die Frau nicht mit einer Veröffentlichung rechnen musste.
Art. 6. Abs. 1 Buchst. f DSGVO würde eine Veröffentlichung zur Wahrung berechtigter Interessen des Frisörs gestatten. Aber nur, wenn die Interessen der Frau nicht überwiegen. Und genau das tun sie.