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04. September 2024

Wann gibt es eine „Kopie der personenbezogenen Daten“?

Personenbezogene Daten
Bild: ©NicoElNino / iStock / Getty Images Plus
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Klarstellungen des BGH
Jemand verlangt von seinem Finanzberater eine Kopie aller seiner personenbezogenen Daten, die dort vorhanden sind. Es geht um Daten aus einem Zeitraum von etwa 17 Jahren. Für welche Unterlagen besteht ein solcher Anspruch, für welche nicht? Der Bundesgerichtshof (BGH) trifft eine bemerkenswerte Unterscheidung.

➧ Die Menge der Daten ist groß

Ein Finanzberater war seit 1997 für eine Mandantin tätig. Er beriet sie unter anderem über Kapitalanlagen und Versicherungen. Mit Schreiben vom 11. April 2019 forderte ihn die Mandantin auf, ihr eine Kopie aller personenbezogenen Daten zu überlassen, die bei ihm über sie vorliegen.

➧ Unterlagen und Informationen darin sind zweierlei

Im Besitz des Finanzberaters befinden sich Telefonnotizen, Aktenvermerke, Protokolle, E-Mails, Briefe und Unterlagen über Kapitalanlagen, in denen personenbezogene Daten der Mandantin enthalten sind. Der Finanzberater erteilte der Mandantin Auskunft über alle personenbezogenen Informationen der Mandantin, die in diesen Unterlagen enthalten sind. Dies geschah in Form von Zusammenfassungen der Daten. Kopien der Originalunterlagen, in denen diese Daten enthalten sind, übermittelte er ihr jedoch nicht.

➧ Es kommt zum Streit vor Gericht

Damit war die Mandantin nicht einverstanden. Sie ist der Auffassung, aus dem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ergebe sich für sie auch ein Recht auf eine Kopie der Dokumente, in denen ihre personenbezogenen Daten enthalten sind. Dies sah der Finanzberater anders. Er ist der Auffassung, den Auskunftsanspruch seiner Mandantin vollständig erfüllt zu haben. Schließlich lägen ihr alle personenbezogenen Informationen vor. Auf Kopien der Originaldokumente, in denen diese Informationen enthalten sind, habe sie keinen Anspruch.

➧ Für den BGH gibt es bindende Vorgaben des EuGH

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zum Auskunftsrecht der betroffenen Person nach Art. 15 DSGVO in mehreren Entscheidungen folgendes festgehalten:

  • Die betroffene Person hat ein Recht auf Auskunft über ihre personenbezogenen Daten (Art. 15 Abs. 1 DSGVO).
  • Zwar gibt die DSGVO der betroffenen Person auch einen Anspruch auf „eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind.“ (Art. 15 Abs. 3 DSGVO.
  • Dabei handelt es sich jedoch nicht zwei eigenständige Ansprüche, die getrennt nebeneinanderstehen würden und unabhängig voneinander eingefordert werden können.
  • Vielmehr handelt es sich beim Anspruch auf eine Kopie der personenbezogenen Daten (Art. 15 Abs. 3 DSGVO) nur um eine besondere Modalität des Rechts auf Auskunft über die personenbezogenen Daten (Art. 15 Abs. 1 DSGVO).

➧ Kopien der Originale sind die Ausnahme

  • Einen Anspruch auf eine Kopie von Originaldokumenten hat die betroffene Person deshalb nur, wenn dies notwendig ist, um den Zusammenhang zu verstehen, in dem die personenbezogenen Daten stehen.
  • Ansonsten muss sie sich mit einer Zusammenfassung der personenbezogenen Daten zufriedengeben.

    ➧ Die Vorgaben zwingen zur Differenzierung

    Ausgehend von den Vorgaben des EuGH unterscheidet der BGH drei Dinge:

    • Schreiben und E-Mails der Mandantin an ihren Finanzberater
    • Schreiben und E-Mails des Finanzberater an die Mandantin
    • Weitere Unterlagen im Besitz des Finanzberater wie Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen.

    Diese Typen von Unterlagen sind nach Auffassung des BGH hinsichtlich des Auskunftsanspruchs unterschiedlich zu behandeln. Entscheidend ist, ob die Mandantin eine Kopie der Originalunterlagen braucht, um den Kontext zu verstehen, in den ihre personenbezogenen Daten eingebettet sind.

    ➧ Von eigenen Äußerungen gibt es eine Kopie

    Alle Schreiben und E-Mails der Mandantin an ihren Finanzberater sind bezüglich ihres gesamten Inhalts als personenbezogen einzustufen. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Mandantin so geäußert hat, wie dies in den Schreiben oder E-Mails geschehen ist.

    Deshalb bezieht sich hier der Auskunftsanspruch immer auf den gesamten Inhalt des Dokuments. Vollständig ist die Auskunft in diesem Fall daher nur, wenn der Finanzberater seiner Mandantin jeweils eine Kopie des gesamten Dokuments übermittelt.

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➧ Vorhandene Kenntnis vom Inhalt stört nicht

Daran kann zunächst irritieren, dass diese Dokumente der Mandantin bereits bekannt sind. Schließlich hat sie sie ja selbst verfasst und an den Finanzberater geschickt. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass es darauf im Rahmen des Auskunftsanspruchs nach der DSGVO nicht ankommt. Der Auskunftsanspruch besteht auch in diesen Fällen. Er dient dann der Bestätigung, dass wirklich alle Schreiben und E-Mails, die die Mandantin an ihren Finanzberater übermittelt hat, dort auch tatsächlich vorliegen.

➧ Von Äußerungen anderer gibt es keine Kopie

Was Schreiben und E-Mails des Finanzberaters an seine Mandantin angeht, hat die Mandantin im Normalfall keinen Anspruch auf eine Kopie der Originaldokumente. Es ist nicht zwingend, dass diese Dokumente insgesamt als personenbezogene Daten der Mandantin einzustufen sind. Zwar enthalten solche Dokumente immer auch Daten der Mandantin. Darüber hinaus können jedoch auch Daten enthalten sein, die sich nicht auf sie persönlich beziehen.

➧ Davon sind aber Ausnahmen denkbar

Um einen Anspruch auf eine Kopie der Originaldokumente zu haben, müsste die Mandantin deshalb ausdrücklich darlegen, warum dies zum Verständnis des Zusammenhangs dieser Daten erforderlich ist. Das hat sie nicht getan. Deshalb muss sie sich mit einer Zusammenfassung der Daten zufriedengeben, die in diesen Dokumenten enthalten sind.

➧ Bei interne Dokumenten kommt es darauf an

Bei internen Vermerken des Finanzberaters wie Telefonnotizen oder Gesprächsprotokollen ist es denkbar, dass sie vollständig aus Informationen über die Mandantin bestehen. Das ist jedoch nicht zwingend. So können sie zum Beispiel ergänzende interne Informationen enthalten, die mit Mandantin gar nichts zu tun haben.

Einen Auskunftsanspruch hat die Mandantin nur bezüglich der Daten, die sich auf sie beziehen. Dies führt dazu, dass sie sich im Hinblick auf interne Vermerke normalerweise mit einer Zusammenfassung der Daten zufriedengeben muss, die sich spezifisch auf sie selbst beziehen.

➧ Auch bei ihnen ist eine Kopie die Ausnahme

Nur wenn bei dieser Form der Darstellung nicht verständlich ist, in welchem inhaltlichen Zusammenhang die Daten stehen, besteht ausnahmsweise ein Anspruch auf eine Kopie des Originaldokuments.

➧ Die Mandantin muss entsprechend argumentieren

Es ist Sache der Mandantin, die dafür nötigen Argumente gegenüber dem Finanzberater vorzutragen. Das hat sie nicht getan. Deshalb konnte sich der Finanzberater bezüglich seiner internen Vermerke auf eine Zusammenfassung der Daten der Mandantin beschränken, die darin enthalten sind. Wenn die Mandantin darüber hinaus eine Kopie der Originaldokumente haben möchte, muss sie dafür entsprechende Gründe vortragen. Das ist jedoch nicht geschehen.

➧ Die Auswirkungen des Urteils sind enorm

Die Ausführungen des BGH können als eine Art Muster dienen, wenn jemand einen Auskunftsanspruch im Rahmen einer langjährigen Geschäftsbeziehung erfüllen muss. Der Aufwand für die Erteilung einer Auskunft ist in diesen Fällen enorm. Daher stellt es eine große Erleichterung für den zur Auskunft Verpflichteten dar, wenn er klar weiß, wann er eine Kopie des Originals zur Verfügung stellen muss und wann eine Zusammenfassung der vorhandenen personenbezogenen Daten ausreicht.

➧ So finden Sie das Urteil des BGH

Das Urteil des BGH vom 5.3.2024 mit dem Aktenzeichen VI ZR 330/21 ist bei Eingabe des Aktenzeichens im Internet leicht zu finden. Leser mit knappen Zeitbudget könnten ihre Lektüre auf die Rn. 14-18 beschränken.

Dr. Eugen Ehmann

Dr. Eugen Ehmann
Verfasst von
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann ist ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Datenschutzes in Unternehmen & Behörden. Er ist Herausgeber eines renommierten DSGVO-Kommentars und Autor zahlreicher Beiträge in der Datenschutz PRAXIS sowie in vielen weiteren Datenschutz-Veröffentlichungen. Außerdem moderiert er seit 2003 die IDACON , den renommierten Datenschutz-Kongress.
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