Kommt es zu einer Datenpanne, stellt sich die Frage, ob, wann und wie Datenpannen nach der Datenschutz-Grundverordnung (Art. 33 und 34 DSGVO) den zuständigen Aufsichtsbehörden zu melden und die betroffenen Personen zu benachrichtigen sind.
Umfasst von der Meldepflicht sind unterschiedslos alle Verantwortlichen nach Art. 4 Abs. 5 DSGVO, sowohl öffentliche wie nicht öffentliche Stellen.
➧ Wann ist ein Vorfall meldepflichtig?
Die DSGVO verwendet für den umgangssprachlichen Begriff „Datenpanne“ die Bezeichnung „Schutzverletzung personenbezogener Daten“ (Art. 4 Nr. 12 DSGVO). Hiermit ist eine Verletzung der Sicherheit der Datenverarbeitung im weitesten Sinne gemeint.
Der Begriff umfasst folgende Verletzungssituationen personenbezogener Daten:
- Vernichtung: alle Formen der Datenlöschung, die Daten unwiederbringlich machen, gleich ob rechtlich unzulässig oder unbeabsichtigt
- Verlust: unvorhergesehenes Verlorengehen von Daten, gleich ob temporär oder dauerhaft
- Veränderung: inhaltliches Umgestalten von Daten, Daten erhalten neuen Informationsgehalt
- unbefugte Offenlegung / Weitergabe: Dritter erhält Daten, Weitergabe nicht durch Einwilligung oder Rechtsvorschrift gedeckt
- unbefugter Zugang: s.o.; aber auch keine oder fehlerhafte Berechtigungskonzepte können schon dazu führen, da tatsächliche Kenntnisnahme nicht erforderlich ist
Daten- und IT-Sicherheit stehen im Vordergrund
Die Verletzungsarten weisen einen Zusammenhang mit den IT-Sicherheitszielen Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität auf. Die Meldepflicht tritt ein, wenn Schutzmaßnahmen nicht effektiv waren und dadurch Vorgaben der Verordnung verletzt wurden.
Aufgrund dessen, dass eine unrechtmäßige Kenntnisnahme Dritter nicht mehr erforderlich ist, erübrigt sich auch die Unterscheidung zwischen einer Softwarepanne und einem Hackerangriff. Nur eine infrastrukturelle Verletzung der IT-Sicherheit ohne Personenbezug ist nicht erfasst.
WICHTIG: Die Datenschutz-Grundverordnung kennt keine Beschränkung auf bestimmte Datenkategorien. Die Meldepflicht umfasst personenbezogenen und personenbeziehbaren Daten, unabhängig vom Kontext. Die Pflicht besteht auch unabhängig davon, ob die Schutzverletzung verschuldet, unbeabsichtigt oder widerrechtlich erfolgt ist.
➧ Wie wird eine Schutzverletzung „festgestellt“?
Die Kenntnis der Schutzverletzung steht an erster Stelle. Dann stellt sich die Frage, ob auf Basis der Informationen, die der Verantwortliche über die Schutzverletzung hat, eine „sinnvolle“ Meldung möglich ist.
Mithin ist entscheidend, wie viele Informationen über Art, Umfang und weitere Umstände der Schutzverletzung vorliegen. Ein bloßer Verdacht, z.B. seitens der IT-Abteilung oder eines Mitarbeiters, reicht ebenso wenig aus wie die vage Feststellung des Vorfalls ohne nähere Informationen.
➧ Ist eine kumulative Meldung einer Datenpanne möglich?
Es ist jedoch nicht erforderlich, dass alle Informationen, die in der Meldung gegenüber der Aufsichtsbehörde enthalten sein müssen, gleich nach Kenntnisnahme / Feststellung der Schutzverletzung vorliegen.
Die Meldung muss nämlich nicht zwingend als Ganzes in einem Paket erfolgen. Art. 33 Abs. 4 gestattet ein stufenweises Vorgehen. Das ist praxisgerecht, da nur in seltenen Fällen gleich zu Beginn alle relevanten Informationen über die Schutzverletzung vorliegen dürften.
Nach Art einer „Erstmeldung“ kann es erforderlich sein, weitere Meldungen an die Aufsichtsbehörde zu schicken. Immer dann, wenn neue Informationen bekannt werden, sind diese in einer Folgemeldung weiterzugeben, die einen Verweis auf vorausgehende Meldungen enthält. Grundsätzlich gilt daher:
Die kumulative Meldung zieht sozusagen eine „Ermittlungspflicht“ des Verantwortlichen nach sich, bis alle Informationen zusammengetragen sind, die die Aufsichtsbehörde benötigt, um den Vorfall zu prüfen (Art. 33 Abs. 3 Buchst. a–d DSGVO).
➧ Hauptvoraussetzung: Risikoprognose
Zentraler Anknüpfungspunkt, um den Vorfall zu beurteilen und um die Frage zu beantworten, ob überhaupt eine Meldung an die Aufsichtsbehörde und zusätzlich an die betroffenen Personen erfolgen muss, ist dann das Risiko, das durch die Schutzverletzung besteht oder zu erwarten ist.
Wenige Ausnahmen
Allgemeine Ausnahmen von der Meldepflicht, die etwa an die Größe des Unternehmens oder an die Art der Datenverarbeitung anknüpfen, existieren nicht. Nur wenn sich sicherstellen lässt, dass durch die Schutzverletzung kein Risiko für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen besteht, darf die Meldung unterbleiben.