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08. Juli 2024

DSGVO-Schadensersatz von 2.000 €

Eine falsche Meldung an die SCHUFA kann zum Schadensersatz berechtigen
Bild: iStock.com / Mironov-Konstanti
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Inhalte in diesem Beitrag
Unzulässige Negativ-Meldungen an die SCHUFA
Ein Gläubiger macht gegenüber der SCHUFA zwei Negativ-Meldungen wegen überfälliger Forderungen, ohne dazu berechtigt zu sein. Das führt zu schlechteren Score-Werten für den Schuldner. Dem Hanseatischen Oberlandesgericht ist das ein Schmerzensgeld von 2.000 € wert.

➧ Ein Gläubiger verstößt gegen einen gerichtlichen Vergleich

Ein Gläubiger hatte zwei Negativ-Meldungen gegenüber der SCHUFA gemacht. Dagegen wehrte sich der Kläger. In einem gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Gläubiger dazu, diese Negativ-Meldungen zu widerrufen. Das tat er dann auch. Allerdings wiederholte er später die beiden Negativ-Meldungen gegenüber der SCHUFA nochmals. Grund dafür sei – so die Darstellung des Gläubigers – eine technische Panne gewesen.

Kläger und Gläubiger sind sich darüber einig, dass die Wiederholung der Meldungen gegen den gerichtlichen Vergleich verstoßen hat.

➧ Damit verstößt der Gläubiger zugleich gegen die DSGVO

Die Übermittlung von Daten an die SCHUFA stellt eine Verarbeitung dieser Daten im Sinn von Art. 4 Nummer 2 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dar. Sie wäre nur dann rechtmäßig, wenn eine Rechtsgrundlage hierfür gegeben wäre (siehe Art. 6 DSGVO). Daran fehlt es schon auf den ersten Blick. Denn der gerichtliche Vergleich schließt es gerade aus, dass der Gläubiger diese Daten an die SCHUFA übermitteln darf.

➧ Der Kläger fordert Schadensersatz

Auch die erneute Übermittlung an die SCHUFA hat der Gläubiger widerrufen. Insofern sind die Negativ-Meldungen gegenüber der SCHUFA im Ergebnis aus der Welt geschafft. Dennoch fordert der Kläger vom Gläubiger Schadensersatz. Wesentlicher Streitpunkt ist dabei, ob dem Kläger durch die Wiederholung der Negativ-Meldungen gegenüber der SCHUFA überhaupt ein Schaden entstanden ist.

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➧ Dreh- und Angelpunkt ist der Score-Wert

Die SCHUFA misst die voraussichtliche Zahlungsfähigkeit („Bonität“) einer Person mit sogenannten Score-Werten. Ein solcher Wert ist keine statische Größe. Vielmehr ermittelt ihn die SCHUFA bei jeder Anfrage eines potenziellen Gläubigers neu. Der Wert unterscheidet sich dabei auch danach, was für eine Art von Vertrag abgeschlossen werden soll und aus welcher Branche der potenzielle Gläubiger stammt. Die SCHUFA benutzt eine Skala von 1 (= überaus schlechte Bonität) bis 100 (= überaus gute Bonität).

➧ Schlechte Score-Werte schädigen den Ruf

Wie sehr sich die Negativ-Meldungen des Gläubigers an die SCHUFA auf die Score-Werte des Schuldners ausgewirkt haben, belegen zwei Anfragen über den Kläger, die an die SCHUFA gerichtet wurden:

  • Die Commerzbank fragte bei der SCHUFA an, weil der Kläger bei ihr ein Girokonto eröffnen wollte. Die SCHUFA teilte der Commerzbank einen Score-Wert von 20,22 mit. Das entspricht einer sehr schlechten Bonität. Nach dem Widerruf der Negativ-Meldungen stieg der Score-Wert auf 76,91. Dies entspricht einer deutlich besseren Bonität.
  • Die Sparkasse Nürnberg richtete eine Anfrage an die SCHUFA, weil der Kläger bei ihr einen Darlehensvertrag abschließen wollte. Hier verbesserte sich der Score-Wert durch den Widerruf der Negativ-Meldungen von 50 auf 62.

Zwar hat die Commerzbank das gewünschte Girokonto für den Kläger eingerichtet und die Sparkasse Nürnberg hat ihm das gewünschte Darlehen gewährt. Insofern hatten die unzulässigen Negativ-Meldungen des Gläubigers keine unmittelbare wirtschaftliche Auswirkung.

Gleichwohl ist dem Kläger durch diese Negativ-Meldungen nach Auffassung des Gerichts ein Schaden entstanden. Er liegt in der Rufschädigung, die er durch die schlechten Score-Werte erlitten hat. Der Widerruf der Meldungen hat diese Rufschädigung nicht aus der Welt geschaffen. Sie bestand zumindest für eine gewisse Zeit.

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➧ Zweimal 1.000 € gleichen den Schaden aus

Der Gläubiger hat zwei unzulässige Negativ-Meldungen an die SCHUFA vorgenommen. Für jede dieser Meldungen erscheint dem Gericht ein „Schmerzensgeld“ von jeweils 1.000 € angemessen. Dabei berücksichtigt es zugunsten des Gläubigers, dass er die rechtswidrigen Meldungen kurzfristig widerrufen hat und dass diese Meldungen für den Kläger keine negativen wirtschaftlichen Konsequenzen hatten. Andererseits hält das Gericht dem Gläubiger fahrlässiges Verhalten vor.

➧ Hier ist das Urteil zu finden

Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 30. August 2023 trägt das Aktenzeichen 13 U 71/21. Es ist abrufbar unter https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/search (bitte einfach Aktenzeichen angeben). Obwohl das Urteil schon nahezu ein Jahr alt ist, haben es die gängigen juristischen Fachzeitschriften erstaunlicherweise bisher weitgehend ignoriert. Es ist jedoch unverändert aktuell.

Dr. Eugen Ehmann

Dr. Eugen Ehmann
Verfasst von
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann
Dr. Eugen Ehmann ist ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Datenschutzes in Unternehmen & Behörden. Er ist Herausgeber eines renommierten DSGVO-Kommentars und Autor zahlreicher Beiträge in der Datenschutz PRAXIS sowie in vielen weiteren Datenschutz-Veröffentlichungen. Außerdem moderiert er seit 2003 die IDACON , den renommierten Datenschutz-Kongress.
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