Keine Einstellung ohne Einstellungsuntersuchung?
„Sie bekommen den Job, aber bevor wir den Vertrag fertig machen können, müssen Sie noch zu unserem Betriebsarzt“, erklärt der Bereichsleiter dem neuen Empfangsmitarbeiter.
Dem Termin beim Betriebsarzt sieht er mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn scheinbar ist die Ausfertigung des Anstellungsvertrags davon abhängig, wie die Einstellungsuntersuchung ausfällt. Andernfalls hätte ihn der Bereichsleiter doch zuerst zum Personalleiter geschickt, um die Vertrags-Formalitäten zu klären.
Nicht nur Arbeitgeber-Willkür
Tatsächlich drängen nicht wenige Unternehmen auf solche Einstellungsuntersuchungen. Und viele Bewerber trauen sich nicht, die Gründe zu erfragen. Denn sie fürchten, sonst keine Anstellung zu bekommen.
Was auf den ersten Blick nach Arbeitgeber-Willkür aussieht, hat in gewissem Rahmen seinen Sinn, insbesondere aus der Sicht des Arbeitsschutzes und der Gesundheitsprävention.
Neben dem Arbeitsschutz spielt aber auch der Datenschutz eine entscheidende Rolle bei der Zulässigkeit und beim Umfang von Einstellungsuntersuchungen.
Was sagt der Arbeitsschutz? Eine Frage der gesundheitlichen Eignung
Jede berufliche Tätigkeit stellt gewisse Anforderungen an die Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers:
- Einige müssen längere Zeit stehen können,
- andere heben schwere Lasten,
- wieder andere sitzen für viele Stunden am Steuer eines Fahrzeugs.
In bestimmten Fällen ist deshalb eine Einstellungsuntersuchung nicht nur ein besonderer Wunsch des zukünftigen Arbeitgebers, sondern eine Verpflichtung.
Das ist grundsätzlich der Fall, wenn die Ausübung einer Tätigkeit mit der Sicherheit und Gesundheit anderer Personen in Verbindung steht. Wenn also gesundheitliche Probleme, die während der Tätigkeit auftreten, andere Personen gefährden könnten.
Dies gilt zum Beispiel bei der Personenbeförderung, etwa bei Busfahrern, Lokführern oder Piloten.
Untersuchungsangebot, aber keine Pflicht
Wer einen Bildschirmarbeitsplatz in einem normalen Büro hat, wird in aller Regel keine anderen Personen gefährden. Allerdings könnte der Arbeitsplatz die eigenen Augen belasten. Daher muss der Arbeitgeber eine Augenuntersuchung anbieten.
Die Teilnahme an der Untersuchung ist jedoch für die betroffenen Mitarbeitenden freiwillig.
Wann ist die Einstellungsuntersuchung für die Tätigkeit entscheidend?
Ob eine Einstellungsuntersuchung sinnvoll und zulässig ist, bestimmt sich danach, ob die gesundheitliche Eignung für die betreffende Stelle relevant ist.
So wird eine hohe Belastbarkeit der Beine bei einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit keine große Rolle spielen. Eine entsprechende Untersuchung ist also weder sinnvoll noch ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig.
Nachfragen zur Gesundheit und gesundheitliche Untersuchungen, die nicht im Zusammenhang mit der Stelle stehen, können zukünftige Arbeitnehmer und Bewerber ablehnen. Auch Nachforschungen zur Gesundheitssituation in der Familie des Bewerbers sind nicht zulässig.
In der Praxis werden viele trotzdem der Einstellungsuntersuchung und der Befragung zustimmen.
Was umfasst die Auskunftspflicht?
Gesundheitsbezogene Fragen, die mit der Tätigkeit und den Mitarbeitenden selbst zu tun haben, müssen in aller Regel im bestimmtem Umfang wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Dazu gehören Fragen
- zur gesundheitlichen Eignung für die angestrebte Position (z.B. Liegt eine Krankheit vor, die die Ausübung dauerhaft oder wiederholt einschränkt?),
- zur Gefährdung von anderen Mitarbeitenden oder Kunden (wie ansteckende Krankheiten) oder
- zu gesundheitlichen Faktoren, die innerhalb der nächsten sechs Monate zur Arbeitsunfähigkeit führen könnten (wie eine schwierige Operation; aber keine Fragen zur Schwangerschaft).
Was sagt der Datenschutz zur Einstellungsuntersuchung?
Einstellungsuntersuchungen sind ein wichtiger Teil der Gesundheitsfürsorge am Arbeitsplatz. Sie dürfen aber den gesetzlichen Rahmen nicht überschreiten.
Hier sollten Arbeitsschützer, Mitarbeitervertretung und Datenschutzbeauftragte gemeinsam darauf hinwirken, die positiven Ziele dieser Untersuchungen zu erreichen, ohne die Mitarbeitende zu benachteiligen.