Ein Fitnessstudio überwacht den kompletten Trainingsbereich per Video
Es geht um ein Fitnessstudio, das unter anderem über einen Trainingsbereich, bestuhlte Bereiche und Umkleidekabinen mit Spinden verfügt. Der Trainingsbereich gliedert sich in einen großen, L-förmig angelegten Raum mit Empfangstheke und zwei kleinere Räume.
Alle drei Trainingsräume werden auf der gesamten Fläche während der Öffnungszeiten ohne Unterbrechung videoüberwacht. Eine Tonaufzeichnung erfolgt dabei nicht. Die Aufzeichnungen werden 48 Stunden lang gespeichert und anschließend gelöscht. Entsprechende Hinweisschilder befinden sich auf der Eingangstür innen und außen. Das Personal des Fitnessstudios besteht aus einem Auszubildenden und drei 450-€-Kräften.
Das Studio will mit der Videoüberwachung Diebstähle und Sachbeschädigungen verhindern
Das ging so lange gut, bis sich eine Kundin bei der Datenschutzaufsicht beschwerte. Die fing an, Fragen zu stellen. Der Betreiber des Fitnessstudios hält die Videoüberwachung für notwendig:
- Sie diene der Prävention und Aufklärung von Diebstählen und Sachbeschädigungen. Jedes Jahr komme es zu etwa zehn Diebstählen.
- Die Beseitigung von mutwilligen Beschädigungen im Studio koste pro Jahr 10.000 € bis 15.000 €.
- Zumutbare mildere Mittel als die Videoüberwachung gebe es nicht. Zusätzliches Personal sei nicht finanzierbar.
Die Aufsichtsbehörde untersagt die Videoüberwachung
Das überzeugte die Aufsichtsbehörde nicht. Sie erließ mit Bescheid vom 12. Dezember 2019 folgende Anordnung: „Die Firma … hat es zu unterlassen, den Bereich der Trainingsflächen während der allgemeinen Öffnungszeiten mittels optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachung) zu beobachten und Bildaufzeichnungen anzufertigen“. Gegen diese Anordnung wehrt sich das Fitnessstudio beim zuständigen Verwaltungsgericht Ansbach.
Die Behörde stützt sich auf die falsche Handlungsgrundlage
Das Verwaltungsgericht stellt zunächst die Frage, ob es eine gesetzliche Grundlage für die Anordnung der Aufsichtsbehörde gibt. Die Aufsichtsbehörde hatte ihre Anordnung auf Art. 58 Abs. 2 Buchstabe d Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gestützt. Demnach kann die Aufsichtsbehörde den Verantwortlichen anweisen, „Verarbeitungsvorgänge gegebenenfalls auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraums in Einklang mit dieser Verordnung zu bringen“.
Diese Rechtsgrundlage hält das Verwaltungsgericht nicht für einschlägig. Die Aufsichtsbehörde habe die Videoüberwachung untersagt. Deshalb sei von Art. 58 Abs. 2 Buchstabe f DSGVO auszugehen. Demnach hat die Aufsichtsbehörde die Befugnis, „eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, zu verhängen.“
Das hat aber keine Auswirkungen
Wer mit Verwaltungsrecht sonst wenig zu tun hat, ist hier möglicherweise etwas irritiert. Kann das Gericht „einfach so“ eine Rechtsgrundlage heranziehen, auf die sich die Aufsichtsbehörde überhaupt nicht stützen wollte?
Dies ist tatsächlich möglich. Eine Behörde entscheidet, ob sie eine Anordnung mit einem bestimmten Inhalt trifft. Das Gericht klärt dann, ob es eine Rechtsgrundlage für diese Anordnung gibt. Es genügt, dass dies im Ergebnis der Fall ist. Ansonsten würde das Gericht die Anordnung der Behörde mangels einer Rechtsgrundlage aufheben.